In diesem Fall ging es in einem selbständigen Beweissicherungsverfahren um die Frage, ob das gekaufte Pferd tatsächlich an einer chronischen , unheilbaren Entzündung des rechten Kniegelenkes litt , ob dieser Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorlag und das Pferd nicht als Reitpferd zu nutzen sei.
Dazu lag der tierärztliche Bericht einer Pferdeklinik vor. Die zu Grunde liegende Untersuchung war wenige Wochen nach der Übergabe erfolgt.
Lag eine Kniegelenksentzündung =Gonitis tatsächlich vor?
Gelenkentzündungen können septisch (infektiös) oder aseptisch sein und werden nach der Dauer ihres Bestehens in akut oder chronisch unterschieden.
Bei der vorliegend tierärztlich bescheinigten, in der Pferdeklinik diagnostizierten Entzündung des rechten Kniegelenkes, sollte es sich um eine aseptische, chronische Gonitis handeln. Bescheinigt war auch die Chronizität des Leidens, die sich aus der „Atrophie der rechten Kruppenmuskulatur“ ergäbe.
Eine akute aseptische Gelenksentzündung kann in eine chronische Gelenksentzündung übergehen. Die Symptomatik schwächt sich ab.
Bestand tatsächlich eine chronische Kniegelenksentzündung rechts?
Zur Beantwortung dieser Frage wurde die Befunddokumentation geprüft.
Im Vordergrund der Lahmheitsuntersuchung stand damals jedoch eine deutliche „Stützbeinlahmheit vorne links“, nicht eine Lahmheit hinten rechts.
Als lahmheitsursächlich war diagnostiziert worden, eine Entzündung des Fesselgelenks vorne links, sowie eine Periostitis (Knochenhautentzündung) mit resultierendem Überbein vorn links.
Bestand eine Lahmheit und die behauptete chronische Entzündung des Kniegelenkes zum Zeitpunkt der Besichtigung?
Die Frage war zu verneinen.
Das Pferd wurde vor Ort besichtigt und untersucht.
Der Wallach war lahmfrei in Schritt und Trab.
Zum Zeitpunkt der Besichtigung waren beide Kniegelenke unauffällig, es bestand keinerlei entzündliche, in irgendeiner Weise schmerzhafte oder gar Lahmheitssymptomatik. Die behauptete chronische Entzündung lag nicht vor.
Was war die Ursache für die asymmetrische Kruppenpartie?
Auffallend war vielmehr eine deutliche Asymmetrie im Bereich der Kruppe, die ihre Ursache aber nicht in einer rechtsseitigen “ Atrophie der Kruppenmuskulatur“ hatte, sondern in einer Asymmetrie der Hüfthöcker (Tuber coxae).
Der rechte Hüfthöcker stand deutlich tiefer, schmerzlos und ohne weitere klinische Symptomatik.
Derartige Veränderungen, sog. „abgeschlagene Hüfte“ treten typischerweise nach länger zurückliegenden Abrissfrakturen eines Hüfthöckers auf. Überwiegend werden die Pferde nach der akuten, schmerzhaften Läsion wieder lahmfrei. Aus verschiedenen Gründen bleiben derartige Frakturen und die resultierende Asymmetrie nicht selten unbemerkt.
Lag bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes ein Mangel vor?
Eine Gonitis lag zum Zeitpunkt der Besichtigung nicht vor. Es gab auch aus sachverständiger Sicht keinen Hinweis darauf, dass eine Gonitis zum Übergabezeitpunkt bestanden hatte. Dies insbesondere, als der Wallach nach der Übergabe auch in der Pferdeklinik nicht wegen einer Lahmheit hinten rechts, sondern wegen einer deutlichen Lahmheit vorn links zur tierärzlichen Untersuchung vorgestellt und behandelt worden war.
Die dort als lahmheitsursächlich diagnostizierten Prozesse (Arthritis des Fesselgelenkes und Periostitis vorn links) waren zum Besichtigungszeitpunkt abgeheilt. Es bestand keinerlei entzündliche Symptomatik.
Festzustellen blieb, dass eine deutliche Asymmetrie der Kruppenpartie infolge eines offenbar abgerissenen, tiefer liegenden rechten Hüfthöckers bestand.
Diese Asymmetrie lag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits zum Übergabezeitpunkt vor.
Ob es sich dabei um einen Mangel handelte, oblag der rechtlichen, nicht der sachverständigen Bewertung.